Post-Growth on the Move

The Environmental Movement as Agent of Change for the Transition to a Post-Growth Economy

  • Publikationen 21.12.2012

Die Postwachstumsidee ist mit ihrer Kritik am gängigen Wachstumsgedanken ein plausibler Ansatz für eine nachhaltige Entwicklung, da sie eine notwendige Schärfung der regulativen Idee Nachhaltigkeit erlaubt. Soziale Bewegungen sind diejenigen Veränderungsakteure, die die Postwachstumsidee auf den Weg bringen können. Über reformistische Veränderungen hinaus kann es ihnen gelingen, radikale Impulse zu setzen, die es im Sinne einer Transformation hin zu einer Postwachstumsökonomie bedarf. Vor diesem Hintergrund ergeben sich zwei Leitfragen: Welche Rolle hat die Umweltbewegung in der Debatte um eine Postwachstumsökonomie? Mit welchen Möglichkeiten und Hindernissen haben es die Akteure der Umweltbewegung zu tun, die sich der Aufgabe einer Postwachstumsökonomie annehmen wollen?

Aus der transdisziplinären Perspektive der Nachhaltigkeitswissenschaften wurde eine qualitative Studie mit Experteninterviews und Fokusgruppengesprächen durchgeführt. In aller Kürze zeigt das Ergebnis dieser Forschungsarbeit, dass die Umweltbewegung bislang daran scheitert, ihr Potential für eine Postwachstumsökonomie zu nutzen, insbesondere weil die Postwachstumsansätze nicht hinreichend mit der Arbeit der Umweltbewegungsakteure verknüpft sind. Zunächst bedarf es deshalb einer Konkretisierung der Postwachstumsidee und einer Verständigung zwischen Umweltbewegung und Postwachstumsforscher_innen. Dieser Konkretisierungs- und Verständigungsprozess hat fünf wesentliche Merkmale.

Erstens, es ist nicht notwendig, sich auf einen oder wenige Postwachstumsansätze zu konzentrieren, denn ihre Stärke liegt gerade in ihrer Vielfalt, mit der sie die verschiedenen relevanten Akteure ansprechen können. Das ergibt sich aus der Klassifizierung dieser Ansätze nach ihrer Haltung gegenüber der Moderne, zum Beispiel bezogen auf Werte wie Freiheit und Fortschritt. Das Kriterium der Moderne gilt hier als zentral für die Bewertung der Umsetzbarkeit der Postwachstumsansätze. Die Stärke der Postwachstumsansätze liegt darin, eine kritische Haltung gegenüber den Werten der Moderne einzunehmen, sie aber nicht grundlegend abzulehnen. Die Forschungsarbeit zeigt, dass Nachhaltigkeitsansätze, die eine kritische Haltung gegenüber der Moderne einnehmen, realistisch, aber auch radikal genug sind, um dem Veränderungsanspruch einer nachhaltigen Entwicklung gerecht zu werden. Zu den kritisch-modernen Postwachstumsideen zählen der Postwachstumsansatz von Meinhard Miegel, die Postwachstumsgesellschaft von Angelika Zahrnt und Irmi Seidl sowie die Solidarische Postwachstumsökonomie von Matthias Schmelzer und Alexis Passadakis. Während ersterer weniger radikal ist als letzterer, halten sie alle grundsätzlich am Gedanken des Fortschritts und der Freiheit fest, stellen jedoch die Orientierung am Wirtschaftswachstum als Weg dorthin mehr oder weniger stark in Frage.

Zweitens werden bei einer weiteren Konkretisierung der Postwachstumsidee, die Versprechen wirtschaftlichen Wachstums nach Vollbeschäftigung, gesellschaftlicher Stabilität, Umweltschutz, sozialer Gerechtigkeit, etc. als Mythen enttarnt.

Drittens sind politische Instrumente wie technische Lösungen oder ökonomische Anreize bei den Korrekturen durch Postwachstumsansätze ebenso wichtig wie Lebensstilveränderungen und klare Verzichtsanstrengungen, um dem Transformationsanspruch gerecht zu werden.

Viertens, Postwachstumsaktivitäten müssen in alle relevanten gesellschaftlichen Bereiche integrierbar sein. Erste Schritte sind bereits getan, um die zu transformierenden Bereiche einer Postwachstumsgesellschaft zu identifizieren und Vorstellungen z. B. von Arbeit, Bildung, Unternehmen und Staat in einer Postwachstumsgesellschaft konzeptionell fortzuentwickeln (Zahrnt/Seidl 2010). Fünftens sollten neue Koalitionen zwischen Akteuren des Wandels und Akteuren dieser zu transformierenden Bereiche geschlossen werden. Anderenfalls bleibt ein Dialogvakuum zwischen ihnen bestehen und blockiert eine Transformation hin zu einer Postwachstumsökonomie. Der Wissenschaft und den sozialen Bewegungen steht in erster Linie die Aufgabe zu, diese Brücken zu schlagen, um eine Postwachstumsökonomie umzusetzen.

 

Anja Humburg:

Post-Growth on the Move

The Environmental Movement as Agent of Change for the

Transition to a Post-Growth Economy - Evidence from Germany

Impulse zur WachstumsWende Nr. 7 (Dezember 2012)


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