Top-Ten-Publikationen 2021

Die zehn besten referierten Publikationen des Wuppertal Instituts des vergangenen Jahres

  • News 14.03.2022

Mit dieser Auswahl seiner zehn wichtigsten wissenschaftlichen, referierten Publikationen im Jahr 2021 möchte das Wuppertal Institut einen Einblick in den Stand seiner international wahrgenommenen Forschungsarbeit vor dem Hintergrund seines transdisziplinären Forschungsansatzes geben.

Klima-, Energie- und Ressourcenwende

Anhand einer repräsentativen Online-Umfrage, an der 1023 Verbraucher*innen in Deutschland im Alter von 16 Jahren und älter teilnahmen, untersuchten Dr. Henning Wilts, Marina Fecke und Christine Zeher aus der Abteilung Kreislaufwirtschaft am Wuppertal Institut, welche Anreize und Hindernisse es für den Verkauf und Kauf von Second-Hand-Produkten gibt. Die Ergebnisse ihres Beitrags "Economics of waste prevention: second-hand products in Germany" zeigen, dass in den Haushalten wertvolle ungenutzte Produkte vorhanden sind. Allerdings bestehen Barrieren wie Unsicherheiten über die Zuverlässigkeit der Käufer*innen oder die Qualität des Produkts, die den Übergang zu nachhaltigem Konsum behindern. Unterschiedliche Formen von Transaktionskosten liefern die Begründung dafür, warum Verbraucher*innen dennoch überwiegend neue Produkte kaufen – obwohl sie wissen, dass sie mit gebrauchten Produkten Geld sparen und einen individuellen Beitrag zum Klimaschutz leisten würden.

Während sich zahlreiche Unternehmen dazu verpflichtet haben, Netto-Null-Emissionen zu erreichen, tut sich die Angebotsseite des freiwilligen Kohlenstoffmarktes schwer, ihr Geschäftsmodell mit der neuen rechtlichen Architektur des Pariser Abkommens in Einklang zu bringen. Nicolas Kreibich und Dr. Lukas Hermwille aus dem Forschungsbereich Internationale Klimapolitik am Wuppertal Institut stellen diese beiden Perspektiven gegenüber. Sie geben in ihrem Artikel "Caught in between: credibility and feasibility of the voluntary carbon market post-2020" einen Überblick über die Pläne von 482 großen Unternehmen, die sich zur Klimaneutralität verpflichtet haben. Die beiden Autoren stellen die Anstrengungen auf der Angebotsseite des freiwilligen Kohlenstoffmarktes um ein tragfähiges Geschäftsmodell dar, das die Umweltintegrität gewährleistet und zur Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens beiträgt.
Ihr Ergebnis: Wenn Kohlenstoffgutschriften zum Ausgleich der verbleibenden Emissionen gegenüber den Neutralitätszielen verwendet werden, müssen diese Gutschriften auf die national festgelegten Beiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) der Gastländer angerechnet werden, um die Umweltintegrität zu gewährleisten. Diesen Ansatz umzusetzen ist jedoch eine Herausforderung und erfordert innovative Lösungen und politische Unterstützung.

Inwiefern spielt die "Exnovation", also die bewusste Abkehr von nicht nachhaltigen Technologien und Praktiken, neben der Förderung von Innovationen in nationalen und lokalen Behörden eine Rolle? Um das herauszufinden, entwickelten Forschende aus der Abteilung Energie-, Verkehrs- und Klimapolitik am Wuppertal Institut einen Rahmen, der eine umfassende Bewertung der Maßnahmen für die urbane Mobilitätstransformation ermöglichen soll. Die Ergebnisse in ihrem Beitrag "The other side of the (policy) coin: analyzing exnovation policies for the urban mobility transition in eight cities around the globe" deuten darauf hin, dass die meisten Städte Exnovationspolitikansätze nutzen, um selektive städtische Mobilitätsprobleme anzugehen. Dies ist beispielsweise bei der schrittweisen Abschaffung von Dieselbussen oder der Beschränkung der Nutzung umweltschädlicher Kraftfahrzeuge der Fall. Die Autor*innen fanden jedoch keine Hinweise auf einen systematischen Exnovationsansatz.

Miriam Müller und Prof. Dr.-Ing. Oscar Reutter aus dem Forschungsbereich Mobilität und Verkehrspolitik am Wuppertal Institut analysieren, welche Weichenstellungen des Wandels im städtischen Personenverkehr für den Klimaschutz und Nachhaltigkeit erforderlich sind. Die Ergebnisse ihres Artikels "Course change: navigating urban passenger transport toward sustainability through modal shift" legen nahe, dass sich die städtische Autonutzung dafür halbieren müsste. Um die Pkw-Nutzung und CO2-Emissionen erheblich zu verringern, müssten ihrer Ansicht nach vor allem Maßnahmen zur Verkehrsverlagerung in integrierten Ansätzen mit Flächennutzungs- und Effizienzmaßnahmen eine entscheidende Rolle spielen.

Beim Einsatz von Technologien zur Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoff (CCS) ist die Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz ein entscheidender Faktor für die Umsetzung solcher Technologien. Im energieintensiven Industriesektor ist diese Frage besonders relevant, da die angestrebte Treibhausgasneutralität hier ohne den Einsatz von CCS nicht zu erreichen ist. Die Studie "Social Acceptance of Carbon Capture and Storage (CCS) from Industrial Applications" von Katja Witte, Co-Leiterin der Abteilung Zukünftige Energie- und Industriesysteme am Wuppertal Institut, ist eine erste Literaturübersicht, die sich mit der Akzeptanz von CCS in der Industrie (iCCS) beschäftigt. Ihre Ergebnisse zeigen, dass die Akzeptanz von iCCS bisher nur begrenzt erforscht wurde und dass es einige wichtige Unterschiede zwischen der Akzeptanz von iCCS und CCS gibt.

Um in den energie- und emissionsintensiven Industrien Null-Emissionen zu erreichen, ist ein Wandel in der Industriepolitik nötig. Hierfür schlagen die Autor*innen aus der Abteilung Zukünftige Energie- und Industriesysteme am Wuppertal Institut im Artikel "An industrial policy framework for transforming energy and emissions intensive industries towards zero emissions" einen umfassenden industriepolitischen Rahmen vor. Die derzeitige Politik beschränkt sich darauf, hauptsächlich einige Optionen zu unterstützen, wie etwa Energieeffizienz und Recycling, wobei die energie- und emissionsintensiven Industrien meist ausgenommen sind. Um Nullemissionen zu erreichen, muss ein breiteres Spektrum an Optionen verfolgt werden, wie Nachfragesteuerung, Materialeffizienz und Elektrifizierung.

Modellierung und transdisziplinäre Methoden

Die Verwendung von Metallen in Elektro- und Elektronikgeräten wirft Probleme auf, da sie in der End-of-Life-Phase nicht ausreichend zurückgewonnen werden können. Konrad Schoch, Prof. Dr. Christa Liedtke und Katrin Bienge aus der Abteilung Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren am Wuppertal Institut befassen sich mit der unkontrollierten Freisetzung von Metallen, die durch das Design von Elektro- und Elektronikgeräten verursacht wird und für die es keine weltweit etablierte Recycling-Technologie gibt. Anhand einer Fallstudie "Designing on the basis of recycling-metallurgy possibilities: material-specific rules and standards for 'anti-dissipative' Products" für das chemische Element Indium leiteten sie eine erste werkstoffspezifische Regel zur Gestaltung sogenannter "anti-dissipativer" Produkte ab, die eine recyclinggerechte Gestaltung von Elektro- und Elektronikgeräten unterstützt.

Anhand der Change-Maker-Initiative "Utopiastadt" in Wuppertal beschreiben Matthias Wanner und Timo von Wirth aus dem Forschungsbereich Innovationslabore am Wuppertal Institut gemeinam mit Boris Bachmann (TransZent) Praktiken des urbanen Experimentierens. Gemeinsam mit Stadtverwaltung, einem privaten Grundstückseigentümer und der lokalen Wirtschaftsförderung plante die Initiative die Entwicklung einer zentralen Brachfläche. DieAutoren stellten in ihrem Beitrag "Contextualising urban experimentation: Analysing the Utopiastadt Campus with the theory of strategic action fields" dar, welches Potenzial die "Strategic Action Fields(SAF)"-Theorie zum Verständnis eines langfristigen Stadtentwicklungsprozesses hat. Zudem reflektierten sie, ob der Prozess dazu beigetragen hat, kollaborative und experimentelle Ansätze bei der Steuerung der Stadtentwicklung zu stärken.

Gemeinsam mit Autor*innen unter anderem des University College London hat Dr. Sascha Samadi aus dem Forschungsbereich Sektoren und Technologien am Wuppertal Institut eine systematische und interdisziplinäre Überprüfung der empirischen Literatur durchgeführt. In dem Artikel "Induced innovation in energy technologies and systems: a review of evidence and potential implications for CO2 mitigation" bewerteten die Forschenden Belege für induzierte Innovationen im Energiebereich und verwandten Technologien. Sie leiten anschließend drei Hauptschlussfolgerungen ab: Erstens fördern nachfrageseitige Kräfte die Patentierung und ökonometrische Studien finden in der Industrie, im Elektrizitäts- und im Verkehrssektor in allen bis auf wenige Ausnahmen positive Auswirkungen. Zweitens sinken die Technologiekosten mit den kumulierten Investitionen für fast jede untersuchte Technologie über alle Zeiträume hinweg, wenn andere Faktoren kontrolliert werden. Drittens ist die Innovation insgesamt kumulativ, vielschichtig und in ihrer Richtung selbstverstärkend (pfadabhängig).

In ihrem Artikel "The green hydrogen puzzle" untersuchten Autor*innen der Abteilungen Energie-, Verkehrs- und Klimapolitik sowie Zukünftige Energie- und Industriesysteme am Wuppertal Institut, wie die Politik die Defossilisierung (Substitution von fossilen Brennstoffen durch sogenannte Green Fuels) der Industrie für die Entwicklung von grünem Wasserstoff unterstützen kann. Mittels einer vereinfachten multikriteriellen Analyse (MCA) identifizierten die Forscherinnen vier Herausforderungen und sieben relevante politische Instrumente. Die Ergebnisse der MCA zeigen das Potenzial jedes der ausgewählten Instrumente zur Bewältigung der Herausforderungen auf. Darüber hinaus legen die Autor*innen dar, wie die Instrumente kombiniert werden können, um die Defossilisierung der Industrie zu unterstützen, Synergien zu schaffen und Kompromisse zu vermeiden.


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