COP29 muss mehr Hilfe für Entwicklungsländer vereinbaren und Emissionsminderungsdynamik beschleunigen

Erwartungen des Wuppertal Instituts an die UN-Klimakonferenz in Baku

  • Pressemitteilungen 05.11.2024

Die 29. Konferenz der Vertragsparteien des UN-Rahmenübereinkommens über Klimaänderungen, kurz COP29, findet vom 11. bis zum 22. November 2024 in Baku, Aserbaidschan statt. Der Fokus der COP29 wird insbesondere auf finanziellen Fragen liegen, aber auch die Erwartungen für die nächste Runde der national festgelegten Beiträge für den Klimaschutz (Nationally Determined Contributions, NDCs) müssen klarer definiert werden.

Wuppertal, 5. November 2024: Das Jahr 2024 war weltweit erneut geprägt von zahlreichen verheerenden Extremwetterereignissen. Für die Zukunft ist zu erwarten, dass sich diese Tendenz weiter verstärken wird: Maßgebliche Einschätzungen des UN-Umweltprogramms, der Internationalen Energieagentur und anderer bedeutender Organisationen stimmen darin überein, dass sich die Tür zur Begrenzung der globalen durchschnittlichen Temperaturerhöhung auf 1,5 Grad schnell schließt. "Es braucht daher auf allen Ebenen dringend mehr Investitionen in Klimaschutz, aber auch Klimaanpassungs- und Schadensvermeidungsmaßnahmen. Die Industrieländer stehen hierbei in der Verantwortung, bei sich selbst Maßnahmen zu ergreifen und zudem auch den Entwicklungsländern zu helfen, Maßnahmen umzusetzen," stellt Prof. Dr. Manfred Fischedick, Präsident und wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts, heraus.

"New Collective Quantified Goal" für Klimafinanzierung hat höchste Priorität

Basis für die diesjährigen Verhandlungen sind die Ergebnisse der COP28: In Dubai schloss die Weltgemeinschaft die erste globale Bestandsaufnahme im Rahmen des Pariser Abkommens mit dem Aufruf ab, bis 2050 aus fossilen Brennstoffen auszusteigen, die Entwaldung und Walddegradierung bis 2030 zu stoppen und rückgängig zu machen, ebenfalls bis 2030 die weltweit installierten Kapazitäten erneuerbarer Energien zu verdreifachen und die jährliche Energieeffizienzsteigerungsrate zu verdoppeln. "Die Länder des Globalen Südens haben sehr deutlich gemacht, dass sie erhebliche finanzielle Unterstützung benötigen, um ihren Beitrag zur Zielerreichung leisten und sich zugleich besser gegen die Klimawandelfolgen schützen zu können," erklärt Wolfgang Obergassel, Co-Leiter des Forschungsbereichs Internationale Klimapolitik am Wuppertal Institut, und ergänzt: "Die COP28 hat die Finanzfrage jedoch auf die COP29 vertagt. Die Definition eines neuen kollektiven quantifizierten Ziels (New Collective Quantified Goal, NCQG) für die Klimafinanzierung hat daher höchste Priorität auf der COP29."

Die in Baku verhandelnden Länder sind aktuell in zwei zentralen Fragen gespalten: Wie viel Geld wird benötigt? Und aus welchen Quellen sollen die erforderlichen Mittel kommen? In dem mehrjährigen Verhandlungsprozess zum NCQG drehten sich die Diskussionen um internationale öffentliche Finanzen, private Finanzströme, die Mobilisierung inländischer Ressourcen und neue, innovative Finanzierungsquellen. Darüber hinaus forderten die traditionellen Industrieländer, den Kreis der Beitragenden auch auf wohlhabende Länder des Globalen Südens auszuweiten.

Finanzziel muss Bedeutung öffentlicher Mittel für den Finanzierungsbedarf der Entwicklungsländer anerkennen

Aktuell wird diskutiert, ein mehrschichtiges Finanzziel zu etablieren: Es könnte verschiedene Finanzierungsquellen integrieren, um den umfangreichen Klima-Finanzierungsbedarf der Entwicklungsländer zu decken, der bis 2030 auf etwa 1 Billion US-Dollar pro Jahr geschätzt wird. "Erfolgsvoraussetzung ist, dass dieses umfassende Ziel die Bedeutung öffentlicher Mittel anerkennt und ein spezifisches Ziel für deren Bereitstellung formuliert. Nur dann besteht die Chance zur Mobilisierung der notwendigen privaten Finanzmittel," sagt Carsten Elsner, Researcher im Forschungsbereich Internationale Klimapolitik am Wuppertal Institut. "Das NCQG sollte auch klare Teilziele für verschiedene Themenbereiche der Finanzierung setzen, etwa für Emissionsreduktion, die Anpassung an den Klimawandel sowie die Abdeckung klimabedingter Verluste und Schäden. Damit wird sichergestellt, dass die Mittel gerecht auf die wichtigsten und oft unterfinanzierten Bereiche verteilt werden, in denen private Investitionen nach wie vor begrenzt sind."

Die Lösung der Frage, welche Länder sich an den Zahlungen beteiligen, erfordere Transparenz bei der Verfolgung aller Finanzströme, um auch die wachsenden Beiträge von Schwellenländern anzuerkennen, so Elsner. Darüber hinaus solle die COP29 klarstellen, dass das NCQG darauf abzielt, die gesamten Investitionsströme zu erfassen, die speziell an Entwicklungs- und Schwellenländer gerichtet sind. Aufgrund des hohen Mittelbedarfs sollte ein klar definiertes NCQG auch mit innovativen Mechanismen wie neuen internationalen Steuern und einer Reform des Systems der multilateralen Entwicklungsbanken kombiniert werden. Auch sollten die Bedürfnisse einzelner Länder bei der Ausgestaltung der Finanzierungsmechanismen berücksichtigt werden. Denn während Schwellenländer von Krediten und zusätzlichem Zugang zu Klimafinanzierungen profitierten, seien viele Entwicklungsländer hoch verschuldet und hätten keine Kapazitäten, um Kredite zu finanzieren. Diese Länder sollten bei der Bereitstellung von Zuschüssen und Schuldenerleichterungsmaßnahmen bevorzugt werden. Das schaffe die Grundlage für eine nachhaltige und diversifizierte Klimafinanzierungslandschaft, die mit den Gleichheitsprinzipien des Pariser Abkommens sowie den Klima- und Biodiversitätszielen in Einklang stehe.

NDCs der nächsten Generation

Neben der Lösung der Finanzfrage sollte die COP29 weitere Leitlinien für die notwendige Ambitionssteigerung der NDCs festlegen. Dem Pariser Klimaschutzabkommen folgend, sind die Vertragsstaaten angehalten, ihre NDCs bis Februar 2025 nachzuschärfen. Der jüngste Emissions Gap Report des UN-Umweltprogramms kam zu dem Schluss, dass die Einhaltung des 1,5-Grad-Limits eine sofortige, von der G20 geführte massive globale Mobilisierung zur Senkung aller Treibhausgasemissionen erfordert. Obergassel erklärt: "Die Konferenz sollte daher alle Länder auffordern, nicht nur Ziele für 2035 in ihren NDCs festzuschreiben, sondern auch ihre Ziele und Maßnahmen für den Zeitraum bis 2030 zu aktualisieren und deutlich zu verstärken. Denn andernfalls wird es nicht möglich sein, das 1,5-Grad-Limit und die Ergebnisse des Global Stocktake zu erreichen." Darüber hinaus sollten alle NDCs sowohl langfristige Null-Emissionsziele und Zeitpläne für einen vollständigen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bis spätestens 2050 enthalten als auch sektorspezifische Ziele sowie konkrete Politiken und Maßnahmen, um diese Ziele tatsächlich zu erreichen. "Es ist zwingend notwendig, jetzt in allen Bereichen konkrete Vorgaben zu machen und sich nicht mehr mit rein aggregierten Zielen zu begnügen, um deutlich zu machen, dass alle Sektoren und die hier relevanten Akteur*innen angehalten sind, substantielle Beiträge zu leisten," so Fischedick.

Wuppertal Institut gibt mit Sideevents Impulse für die Zukunft

Das Wuppertal Institut organisiert auf der COP29 eine Reihe von Sideevents, um seine Forschungsprojekte und -ergebnisse vorzustellen und den Austausch mit Delegierten und Praxispartner*innen zu fördern. Der thematische Schwerpunkt liegt dabei auf den internationalen Kohlenstoffmärkten.

Analyse der Konferenzergebnisse

Die Forschenden des Wuppertal Instituts beobachten seit Beginn des UN-Klimaprozesses die laufenden Verhandlungen. Auch dieses Jahr wird das Wuppertal Institut kurz nach Abschluss der Konferenz eine erste Auswertung der Ergebnisse veröffentlichen. Weitere Informationen zur COP29 sind über die untenstehenden Links zu finden.

Virtueller Wuppertal Lunch zu COP29-Ergebnissen

Die Forschenden des Wuppertal Instituts stellen ihre Bewertung der COP-Ergebnisse am 28. November 2024 ab 12:30 Uhr beim Wuppertal Lunch "More Money, Less Problems? A Review of COP29" vor, der in Kooperation mit Table.Briefings veranstaltet wird, und diskutieren mit Expert*innen darüber. Die digitale Veranstaltung findet in englischer Sprache statt. Die Teilnahme ist kostenfrei, Anmeldungen sind über den nachfolgenden Link möglich. Details zum Programm folgen in Kürze.


Pressemitteilung 

Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH

VisdP: Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick, Präsident und wissenschaftlicher Geschäftsführer

Kontakt: Luisa Lucas, stellvertretende Pressesprecherin

Tel.: +49 202 2492-292

E-Mail: luisa.lucas@wupperinst.org


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