Suffizienz ist elementar für Klimaschutzstrategien

Erfolgreiche Auftaktveranstaltung der EnSu-Nachwuchsforschungsgruppe

  • News 23.03.2021

Energiesuffizienz, also den Energiebedarf nachhaltig zu begrenzen, muss Teil jeder Energie- und Klimaschutzstrategie werden. Das war der Tenor während des Auftaktworkshops "Mit mehr Suffizienz zu weniger Energieverbrauch" der BMBF-geförderten Nachwuchsforschungsgruppe "EnSu – Die Rolle von Energie-Suffizienz in Energiewende und Gesellschaft". Vom 15. bis 17. März 2021 diskutierten Teilnehmende aus Wissenschaft und Praxis, welche politischen Rahmenbedingungen den Energieverbrauch absolut senken und wie sich dies in Szenarien und Modellen umsetzen lässt.

Am ersten Tag der Auftaktveranstaltung stellten die Nachwuchsgruppen-Leitenden, Dr. Benjamin Best vom Wuppertal Institut und Prof. Dr. Frauke Wiese von der Europa-Universität Flensburg, grundlegende Konzepte und Entwicklungen der Energiesuffizienz vor, mit denen sich in Europa die Entwicklung einer Suffizienzpolitik beobachten lässt. Dazu gehören etwa fußgänger- und fahrradgerechte Stadtquartiere in Paris und anderen Städten. Zugleich stecke der technische Fortschritt voller Möglichkeiten für mehr Suffizienz, zum Beispiel ermögliche die Digitalisierung virtuelle Treffen und Teleworking. Diese Forschungslücke, der sich die EnSu-Nachwuchsgruppe widmet, besteht in der quantitativen Modellierung von Suffizienzpotenzialen wie einer geringeren Verkehrsleistung und weniger zu beheizender Wohnfläche. Die Analyse von Transformationsprozessen und notwendigen Politikinstrumenten spielt dabei eine zentrale Rolle: "Entscheidungen und Handeln der Menschen sind eingebettet in soziale Strukturen, gebaute Infrastrukturen und Kultur. Ebenso wie Energieeffizienz und erneuerbaren Energien geschehen Handlungen im Sinne der Energiesuffizienz nicht von alleine, sondern hängen im Wesentlichen von den politischen Rahmenbedingungen ab", sagt Dr. Benjamin Best, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich Strukturwandel und Innovation am Wuppertal Institut und Projektleiter der EnSu-Nachwuchsgruppe.

Vielversprechende Handlungsfelder, bei denen durch eine veränderte Nachfrage auch die Lebensqualität steigen kann, seien der internationale Flugverkehr, gesunde Ernährung und die Reduktion von Pkw-Verkehr in Städten, betonte Prof. Dr. Felix Creutzig, Leitautor des Weltklimarats und Professor an der Technischen Universität Berlin. Es sei unstrittig, dass für das Erreichen der Treibhausgasneutralität eine substanzielle Reduktion der Primärenergienachfrage nicht nur durch Energieeffizienz-Technologien, sondern auch durch Struktur- und Verhaltensänderungen mindestens förderlich, wenn nicht sogar notwendig sei.
Johannes Thema, Senior Researcher im Forschungsbereich Energiepolitik am Wuppertal Institut, verdeutlichte dies anhand von Ergebnissen einer Meta-Studie der Nachwuchsgruppe zu bestehenden Szenario-Analysen: "Reduziert sich der Gesamt-Energieverbrauch bis zum Zeitpunkt der Treibhausgasneutralität nicht drastisch, müssten die Erzeugungskapazitäten der Erneuerbaren um einen Faktor von circa 4 bis 7 wachsen – mit allen verbunden Kosten, Umwelt- und Ressourcenauswirkungen. Und das, obwohl der Ausbau heute bereits stockt."

Rund 40 Expertinnen und Experten aus der Energie-Modellierung setzten sich während eines Workshops am zweiten Veranstaltungstag intensiv mit den Effekten von Suffizienz in sektoralen Energienachfrage- und Systemmodellen auseinander. Die Teilnehmenden befanden beispielsweise, dass Suffizienz bisher meist implizit über Annahmen etwa zu sinkender Verkehrsleistung oder Wohnfläche enthalten ist. Die Modellierungsexpertinnen und -experten waren sich einig, dass Energiesuffizienz als Strategie neben Effizienz und Erneuerbaren nicht vernachlässigt werden dürfe und künftig verstärkt explizit in Szenarien berücksichtigt werden müsse. Dafür seien aber weiterentwickelte Methoden und Modelle erforderlich.
Am letzten Tag diskutierten Leonie Bremer (Fridays for Future), Lorenz Gösta Beutin (MdB, Die Linke), Clara Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen) und Dr. Michèle Bättig (Suffizienz-Beraterin) über Suffizienzmaßnahmen. In der Politik wäre Suffizienz bereits angekommen, wenn auch häufig nicht unter diesem Begriff.

Die Nachwuchsforschungsgruppe EnSu ist am Öko-Institut, am Wuppertal Institut sowie an der Europa-Universität Flensburg angesiedelt. Sie forscht in interdisziplinärer Kooperation zwischen ingenieurwissenschaftlicher Energiemodellierung, Politikwissenschaften und sozial-ökologischer Transformationsforschung. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Forschung für Nachhaltige Entwicklung (FONA) gefördert.

Die Vorträge und die Podiumsdiskussion wurden aufgezeichnet und werden sukzessive auf dem YouTube-Kanal der EnSu-Nachwuchsforschungsgruppe veröffentlicht. Weitere Informationen sind in den nachfolgenden Links zu finden.


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