Wirtschaftswissenschaften sollten stärker zur nachhaltigen Entwicklung beitragen

Fazit zur Tagung am 6. November 2017 in Berlin

  • News 16.11.2017

Wie kaum eine Disziplin stehen die Wirtschaftswissenschaften in der Kritik. Die Entwicklung tragfähiger und anschlussfähiger Lösungen für Klimawandel, Finanzkrisen und Strukturwandel kommt in der Forschung zu kurz. Auch eine grundlegende Reform der universitären Lehre nach der Finanzkrise steht noch aus. Um dies zu ändern, debattierten am 6. November 2017 in Berlin auf der Tagung "Wirtschaftswissenschaften und sozial-ökologische Transformation" rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus verschiedenen Strömungen der Ökonomik, Sozial- und Nachhaltigkeitswissenschaften sowie aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik, wie die Wirtschaftswissenschaften deutlich stärker als bisher zu einem nachhaltigen Wandel der Gesellschaft beitragen können.

Im Mittelpunkt standen Themen wie die Mobilitätswende, eine soziale und umweltgerechte Gestaltung der Digitalisierung oder alternative Modelle des Wirtschaftens wie die Gemeinwohlökonomie. Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung hatte gemeinsam mit der Cusanus Hochschule, dem Netzwerk Plurale Ökonomik, dem Wuppertal Institut und neun weiteren Partnern zu der Tagung in Berlin eingeladen. Die Veranstalter und Partner stehen für die vielen Orte, an denen eine transformative Forschung vorgedacht und praktiziert wird: Reformhochschulen, einzelne Lehrstühle an traditionellen Universitäten, studentische Hochschulgruppen, außeruniversitäre Forschungsinstitute, Think Tanks oder zivilgesellschaftliche Organisationen.

Einhaltung der Klimaziele und SDGs muss normativen Rahmen setzen

Die Tagung zeigte, dass es eine große Vielfalt an theoretischen und methodischen Ansätzen in den verschiedenen Strömungen der Wirtschaftswissenschaften gibt. Diese können dazu beitragen, sozial-ökologische Probleme besser zu verstehen und Lösungen für die Praxis zu entwickeln. In den Debatten wurde allerdings auch auf Gefahren einer stärkeren normativen Orientierung hingewiesen. Historische Reflektionen zeigten zudem, dass die Wirtschaftswissenschaften immer auch stark transformativ auf das gesellschaftliche Denken und Handeln gewirkt haben. Insofern ist der Diskurs um eine transformative Forschung kein vollkommen neuer. Neu ist hingegen die Forderung, stärker Bezug auf die international verbindlichen Klimaziele und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, kurz SDGs) zu nehmen und ihre Erreichung als normative Rahmung der eigenen Forschung festzusetzen.

Grundlagen der Wirtschaftswissenschaften zu wenig kritisch hinterfragt

In vielen Wortbeiträgen wurde angemahnt, dass sich die Ökonomen stärker als bisher kritisch mit den theoretischen Grundlagen ihrer eigenen Disziplin beschäftigen müssen. Nils aus dem Moore, Forschungsgruppenleiter am RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, plädierte für eine wirtschaftswissenschaftliche Forschung, die gesellschaftlich relevant und offen ist für die Beiträge anderer wissenschaftlicher Disziplinen sowie aus der gesellschaftlichen Praxis. "Das Wissenschaftssystem unterstützt solche inter- und transdisziplinären Forschungsvorhaben in den Wirtschaftswissenschaften bisher viel zu wenig und setzt zu sehr einseitig auf disziplinäre Exzellenz. Hier erhoffen wir uns deutliche Veränderungen in der Zukunft", sagte Thomas Korbun, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Eine weitere Forderung der Tagung war, die Debatte um transformative Wirtschaftswissenschaften in Zukunft internationaler zu führen, wie etwa Sigrid Stagl von der Wirtschaftsuniversität Wien betonte.

"Durch eine Stärkung transformativer Forschungsansätze wird die Grundlage für eine gesellschaftlich relevantere Politikberatung gelegt, die mehr Optionen für politisches Handeln erschließt als bisher. Dies könnte interessant für die nächste Bundesregierung sein", hob Prof. Dr. Uwe Schneidewind, Präsident des Wuppertal Instituts zum Abschluss der Veranstaltung hervor.

Anfang Oktober erschien auch das Buch "Transformative Wirtschaftswissenschaft im Kontext nachhaltiger Entwicklung" von Reinhard Pfriem, Uwe Schneidewind, Jonathan Barth, Silja Graupe, Thomas Korbun (Hrsg.).


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