Das Leitbild desWuppertal Instituts

Unsere Vision ist eine nachhaltige Welt für alle. Für uns bedeutet das eine gerechte Transformation hin zu einer Zukunft, in der die Erderwärmung auf ein verträgliches Niveau zurückgeführt ist und die vorhandenen Ressourcen auf eine Weise genutzt werden, die allen ein gutes Leben innerhalb der planetaren Grenzen ermöglicht.

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Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit, ein gutes Leben für alle – was bedeutet das eigentlich konkret? Was wir am Wuppertal Institut darunter verstehen, beschreiben wir im Folgenden.

Nachhaltig

Wenn wir am Wuppertal Institut von Nachhaltigkeit sprechen, meinen wir eine gesellschaftliche Entwicklung im Rahmen der planetaren Grenzen bei gleichzeitiger Erfüllung der menschlichen Grundbedürfnisse. Denn nur innerhalb der planetaren Grenzen liegt der sichere Handlungsraum für die Menschheit, den es nach dem Prinzip der sozialen und generationenübergreifenden Gerechtigkeit zu gestalten gilt.1

Wir orientieren uns in unserer Arbeit an den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, kurz SDGs) und ihrem gesamtheitlichen Anspruch. Auch wenn wir in unserer Forschung einige der 17 Ziele intensiver bearbeiten als andere, beachten wir immer die Wechselwirkungen mit den restlichen SDGs. 

Ebenfalls zentral für unsere Arbeit ist die Erkenntnis, dass nachhaltige Entwicklung nicht allein durch technische Innovationen erreicht werden kann: Soziale Innovationen sind mindestens genauso wichtig für das Erreichen der SDGs. Hinzu kommt der gezielte Umgang mit Exnovation, also dem Beenden nicht nachhaltiger Praktiken und Technologien. Das ist wichtig, um Altlasten loszuwerden, Platz für Neues zu schaffen – und so eine dynamische Entwicklung anzuregen.

Eins ist dabei klar: Nachhaltige Entwicklung erfordert tiefgreifende Veränderungen. Aber trotz aller Veränderungsnotwendigkeiten: Manchmal liegt der Schlüssel zu nachhaltiger Entwicklung auch einfach darin, Erhaltenswertes zu erkennen, zu bewahren und zu stärken.

Gerecht

Absolute Gerechtigkeit ist niemals erreichbar. Das Streben nach Gerechtigkeit bedeutet deshalb immer, bestehende Ungerechtigkeiten zu reduzieren – und neue Ungerechtigkeiten so gut wie möglich zu vermeiden oder auszugleichen. Wir beachten in diesem Zusammenhang in unserer Arbeit drei Dimensionen von Gerechtigkeit:

  1. Verteilungsgerechtigkeit: Wer trägt die Lasten der Transformation – und wer profitiert von ihren Vorteilen? Diese Fragen beziehen wir sowohl auf verschiedene soziale Gruppen innerhalb einer Gesellschaft als auch auf heutige und zukünftige Generationen – und auf internationale Ungleichheit und Ungerechtigkeit zwischen Ländern mit unterschiedlichem Entwicklungsniveau.
  2. Prozedurale Gerechtigkeit: Alle Menschen müssen die Möglichkeit haben, sich an der Gestaltung und Umsetzung nachhaltiger Lösungen zu beteiligen. Dazu gehört das faire und transparente Einbinden aller relevanten Akteur*innen, der Zugang zu Informationen, die gleichberechtigte Teilhabe an politischen Prozessen und die Rechenschaft der Entscheidungsträger*innen darüber, wie sie die Menschen in die Prozesse einbinden.
  3. Anerkennende Gerechtigkeit: Hier geht es um die Frage, ob vulnerable und marginalisierte Gruppen angemessen berücksichtigt werden. Für uns ist entscheidend, dass mögliche Auswirkungen der Transformation auf diese Gruppen besonders sorgfältig geprüft werden. Anerkennende Gerechtigkeit erfordert, unterschiedliche Wissensformen zu berücksichtigen, Macht und Ressourcen gerecht zu verteilen und Diskriminierung zu bekämpfen.
Erderwärmung auf ein verträgliches Niveau zurückführen

Der vom Menschen verursachte Treibhauseffekt ist heute eindeutig nachweisbar – aber trotz der Bekenntnisse vieler Staaten zum Klimaschutz ist die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre auch in den letzten zehn Jahren kontinuierlich weiter angestiegen.

Die Folgen des Treibhauseffekts werden unter dem Begriff Erderwärmung zusammengefasst. Erderwärmung steht dabei für:

  • die schnelle Erwärmung der unteren Atmosphäre und der Ozeane,
  • Veränderungen des globalen Wasserkreislaufs, inklusive Anstieg des Meeresspiegels,
  • eine Veränderung der Fähigkeit der Erde, Sonnenenergie zu reflektieren – vor allem durch eine Abnahme der mit Schnee und Eis bedeckten Flächen – und damit eine verringerte Wärmeabstrahlung in die Atmosphäre,
  • veränderte Jahreszeiten
  • und weltweit zunehmende Extremwetterereignisse wie Hitzewellen, Starkregen, Überflutungen, Dürren oder tropische Wirbelstürme.

Die zunehmende Häufigkeit und Intensität der Wetterextreme ist dabei nicht auf einzelne Länder begrenzt, sondern ein weltweites Phänomen – und auch in Deutschland zu beobachten und zu bewältigen.

Die Erderwärmung zu begrenzen, wirft die Frage auf: Auf welches Niveau soll sie begrenzt werden? Mit dem Pariser Klimaabkommen wurde 2015 in den internationalen Klimaverhandlungen vereinbart, alle Bemühungen darauf auszurichten, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, in jedem Fall aber auf deutlich unter 2 Grad. Dieses Ziel wurde auf Grundlage eines umfassenden wissenschaftlichen Konsenses zu den Ursachen und Auswirkungen der Erderwärmung verabschiedet. Doch trotz des international vereinbarten Ziels des Pariser Klimaabkommens und der Impulse, die davon ausgegangen sind, schreitet die Erderwärmung schneller voran, als Regierungen und andere Akteur*innen gegensteuern: Von Juni 2023 bis Mai 2024 lag der Anstieg der mittleren globalen Oberflächentemperatur erstmals ein ganzes Jahr lang mehr als 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau – und damit jenseits der politischen Vorgaben der Pariser Klimakonferenz. Und Projektionen zufolge ist damit zu rechnen, dass schon durch die bisherigen Emissionen eine weitere Temperaturerhöhung eintreten wird. Grund dafür ist die zeitliche Verzögerung zwischen dem Ausstoß von Treibhausgasen und der dadurch verursachten Erderwärmung.

Deshalb ist die entscheidende Herausforderung inzwischen, die Erderwärmung auf ein verträgliches Niveau zurückzuführen. Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Klimafolgenforschung heißt "verträglich" für uns und unsere Arbeit: die dauerhafte Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels. Denn bereits eine Erwärmung um 2 Grad hätte deutlich gravierendere Auswirkungen auf die Lebensbedingungen aller.

Dieses Ziel ist nicht einfach zu erreichen. Es erfordert ein sofortiges und umfassendes Umsteuern in allen Bereichen. Dabei geht es nicht mehr allein um "Net Zero Emissions", also Emissionsvermeidung, um netto keine Treibhausgase mehr auszustoßen, sondern auch darum, mit negativen Emissionen die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre wieder zu verringern. 

Aus all diesen Gründen sind für unsere Arbeit nicht nur die Vermeidung und Reduktion von Emissionen zentral, sondern auch negative Emissionen und die Klimafolgenanpassung, also die Anpassung unserer Lebenssituationen an die Folgen der Erderwärmung.

Ressourcen

Es gibt viele verschiedene Definitionen des Begriffs "Ressourcen". Sie unterscheiden sich je nach wissenschaftlicher Disziplin ebenso wie im internationalen Kontext. Eine für die Nachhaltigkeitsforschung im deutschsprachigen Raum geläufige Definition, die auch am Wuppertal Institut Verwendung findet, liefert das Umweltbundesamt. Und auch hier kommt die Vielschichtigkeit des Begriffs zum Ausdruck: Eine Ressource ist demnach ein "Mittel, das in einem Prozess genutzt wird oder genutzt werden kann. Eine Ressource kann materieller oder immaterieller Art sein. Wird im umweltwissenschaftlichen Kontext der Begriff 'Ressource' verwendet, ist damit eine 'natürliche Ressource' gemeint. Anders als hier wird der Ressourcenbegriff oft auch sehr eng gefasst und im Sinne von Rohstoffen verwendet." 2 

Besonders interessant sind hierbei zwei Punkte:

  • Die Aufteilung in materielle und immaterielle Ressourcen zeigt, dass es nicht nur um Rohstoffe wie Erze, fossile Brennstoffe oder Sande geht, sondern dass auch nicht-fassbare, menschliche Voraussetzungen für Schaffenskraft eingeschlossen sind. Beispiele sind Wissen, Kreativität, Fähigkeiten und Routinen, aber auch immaterielle Schutzrechte, wie Patente, Gebrauchs- oder Geschmacksmuster. Gerade diese nicht-materiellen Ressourcen sind wichtige Voraussetzungen für das Gelingen und die Umsetzung der Transformation zur Nachhaltigkeit – und damit ein bedeutendes Feld für die Arbeit des Wuppertal Instituts.
  • Die zweite wichtige Festlegung betrifft die natürlichen Ressourcen. Sie werden definiert als "Ressource, die Bestandteil der Natur ist. Hierzu zählen erneuerbare und nicht erneuerbare Primärrohstoffe, physischer Raum (Fläche), Umweltmedien (Wasser, Boden, Luft), strömende Ressourcen (z. B. Erdwärme, Wind-, Gezeiten- und Sonnenenergie) sowie die Biodiversität. Es ist hierbei unwesentlich, ob die Ressourcen als Quellen für die Herstellung von Produkten oder als Senken zur Aufnahme von Emissionen (Wasser, Boden, Luft) dienen." 2 Selbst diese engere Perspektive zeigt die Vielfalt des Ressourcenbegriffs, den wir in unserer Arbeit und der Zielsetzung unserer Projekte verwenden.
Gutes Leben

Die Vorstellungen davon, was ein gutes Leben ausmacht, sind sehr unterschiedlich. Deshalb braucht es einen gemeinsamen gesellschaftlichen Aushandlungsprozess, inwieweit individuelle Ziele und Wünsche umsetzbar sind, ohne anderen Menschen die Gestaltungsmöglichkeiten für ein gutes Leben zu nehmen oder einzuschränken. Das deutsche Grundgesetz verankert wesentliche Aspekte des guten Lebens bereits in den ersten fünf Artikeln: durch die Unantastbarkeit der Menschenwürde (Artikel 1), das Recht auf freie Entfaltung und körperliche Unversehrtheit (Artikel 2), gleiche Rechte für alle (Artikel 3) sowie durch die Glaubens- und Gewissensfreiheit (Artikel 4) und die Freiheit zur Meinungsäußerung (Artikel 5). 

Für uns bedeutet ein gutes Leben: Gesundheit, Lebensqualität, Glück und Wohlbefinden in einer gesunden Umwelt, während das Zusammenleben und -wirken auf Inklusivität und Gerechtigkeit zwischen den Menschen ausgerichtet ist. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Mensch im Einklang mit der Natur lebt. Das kann nur gelingen, wenn materieller Wohlstand vom Ressourcenverbrauch entkoppelt ist, wenn wir klimafreundlich und klimaangepasst leben und wenn Stoffströme zirkulär gestaltet sind. Ein gutes Leben für alle bedeutet für uns daher auch, dass wir durch unsere Arbeit zur Vermeidung von Handlungen beitragen, die negative Auswirkungen auf das gute Leben anderer und auf die Natur haben, etwa wenn die Herstellung und der Konsum von Produkten in anderen Teilen der Gesellschaft oder der Welt Armut oder Umweltschäden verursachen. Eine nachhaltige Gesellschaft stellt Produkte deshalb auf eine Weise zur Verfügung, die eben nicht das gute Leben anderer und zukünftiger Generationen einschränkt, sondern die Natur bestmöglich schont.

1 Raworth, K. (2018). Die Donut-Ökonomie – endlich ein Wirtschaftsmodell, das den Planeten nicht zerstört. Carl Hanser Verlag

2 Kosmol, J., Kanthak, J., Herrmann, F., Golde, M., Alsleben, C., Penn-Bressel, G., ... & Gromke, U. (2012). Glossary of natural resource; Glossar zum Ressourcenschutz. Umweltbundesamt

Institutsgebäude
Vorderseite Dürer-Haus (Foto: LarsLangemeier.de)

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