GEG gibt Impulse für CO2-Minderung - aber teils deutlich zu spät

Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick zur Einigung der Ampel-Koalition im Streit um das Gebäudeenergiegesetz (GEG)

  • Statements 16.06.2023

Zunächst einmal ist es gut, dass es nach der langen Hängepartie überhaupt eine Einigung gibt, zumindest auf Leitplanken – noch ist das Gesetz ja nicht endgültig beschlossen. Das wird Impulse für eine verstärkte Minderung der CO2-Emissionen im Gebäudesektor auslösen.

Synchronisation von klimafreundlichen Heizungen und kommunaler Wärmeplanung ist sinnvoll

Verständlich und letztlich auch sinnvoll ist die nun vereinbarte stärkere Synchronisation der Pflicht zum Einbau von Heizungen, die mit einem Anteil von mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden, mit der kommunalen Wärmeplanung. 

Allerdings sind die Fristen für die kommunale Wärmeplanung recht lang: Die Kommunen sollen verpflichtet werden, diese bis spätestens 2028 vorzulegen. Diese Zeitspanne ist durchaus nachvollziehbar, da die Wärmeplanung komplex ist und eine Vielzahl an Daten erhoben und miteinander verwoben werden muss, so dass die durch das Gebäudeenergiegesetz ausgelöste Minderungsdynamik bis dahin eher vergleichsweise gering ausfallen dürfte. Daran ändern auch die schärferen Regeln für den Neubau in Neubausiedlungen nichts, da der Energiebedarf von Neubauten gegenüber dem des Gebäudebestands eher marginal ist.

Schlupfloch Technologieoffenheit: Einbau wasserstofffähiger Gaskessel kann regional zu jahrzehntelangen Verzögerungen führen – und in Kostenfallen

Ärgerlich und energiewirtschaftlich wie klimapolitisch fragwürdig ist das Festhalten an der Möglichkeit Erdgasheizungen einzubauen, wenn diese wasserstofffähig sind und in der entsprechenden Region bis 2045 (!) ein Wasserstoffnetz aufgebaut werden soll. Hier muss im Gesetzgebungsverfahren unbedingt klargestellt werden, unter welchen Bedingungen dies möglich ist. Und die Latte für derartige Lösungen sollte sehr hoch gelegt werden – insbesondere in Bezug auf die Verbindlichkeit der Errichtung eines Wasserstoffnetzes – damit dem Neubau von Erdgasheizungen nicht Tür und Tor geöffnet werden.

Zugleich könnten Investitionen in Gaskessel für die Verbraucher*innen auch nach hinten losgehen, da der CO2-Preis durch nationale und europäische Maßnahmen perspektivisch steigen wird. Dadurch wird das Heizen mit Gas ebenso verteuert wie durch die zu erwartende Erhöhung der Netzentgelte – ein automatisch eintretender Effekt, wenn das Gasnetz durch zunehmend weniger Kund*innen getragen werden muss, weil sich die Verbraucher*innen mehr und mehr anderen Heizungstechnologien zuwenden. 

Verminderte CO2-Einsparung bis 2028: Ausgleich durch freiwillige Maßnahmen sinnvoll

Aufgrund der vermutlich begrenzten Wirkung des GEG ist es daher sinnvoll, intensiv dafür zu werben, dass die Akteur*innen die notwendige Minderungsdynamik durch freiwillige Maßnahmen erzeugen. Dies umfasst:

  • die Bereitschaft der Kommunen, gegebenenfalls schrittweise vorzugehen, also schon deutlich früher zu veröffentlichen, in welchen Teilen des Stadtgebiets auf keinen Fall eine Nah- oder Fernwärmeversorgung zu erwarten ist.
  • verstärkte Anstrengungen zur Erhöhung der energetischen Sanierungsrate, also der Verbesserung der Qualität von Gebäudehüllen – und damit eine Intensivierung von Maßnahmen, die sich unabhängig von der Frage des Austauschs des Heizungssystems als sinnvoll herausstellen. Dazu bedarf es aber verstärkter Anreize, die über die bisher üblichen Fördermaßnahmen, beispielsweise vonseiten der KfW, hinausgehen. Ein Schlüssel dafür könnte das Contracting sein: Hierbei bieten Unternehmen ihren Kund*innen an, die Planung, Umsetzung und Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen als Dienstleistung zu übernehmen. Die Refinanzierung erfolgt über die eingesparten Energiekosten, die teilweise an den Contractor fließen. Denkbar ist auch, dass eine vom Staat beauftragte Sanierungsgesellschaft diese Aufgabe übernimmt.

Ohne derartige zusätzliche Maßnahmen ist die zusätzlich (!) erreichbare Minderungswirkung des Gesetzes bis 2028 eher gering. Mittel- bis langfristig entstehen allerdings erhebliche Impulse.

Damit zeigt sich einmal mehr das Dilemma, dass in den letzten zehn bis 15 Jahren Chancen verpasst wurden, einen geordneten Minderungspfad der CO2-Emissionen im Gebäudebereich einzuschlagen (gleichermaßen gilt dies für den Bereich Verkehr). Diese Phase des mehr oder weniger Nichtstuns führt jetzt zu der Notwendigkeit, eine höhere Umsetzungsintensität an den Tag legen zu müssen, sollen die vereinbarten Klimaschutzziele 2030 und 2045 noch erreicht werden.


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