Bürgerratsmitglieder empfehlen Suffizienz und Regulierung

Neuer Artikel vergleicht die Handlungsempfehlungen von Bürgerräten und Pläne der EU-Mitgliedsstaaten

  • News 14.09.2023

Die EU-Bürger*innenräte geben weit mehr Handlungsempfehlungen für Suffizienz als bisher in den Nationalen Energie- und Klimaplänen (National Energy and Climate Plans, NECP) vorgesehen. Das ergibt eine Analyse von Forschenden der Nachwuchsgruppe "EnSu – Die Rolle von Energie-Suffizienz in Energiewende und Gesellschaft". In einem referierten Artikel gehen die sechs Autor*innen der Frage nach, inwiefern Suffizienz in der Politikgestaltung im europäischen Kontext berücksichtigt wird und welche Ideen Bürger*innen dazu haben. 

Suffizienz: Weniger Ressourcenverbrauch durch soziale Praktiken und die Politik

Suffizienz bedeutet, Konsum- und Produktionsniveaus durch Verhaltensänderungen und politische Rahmensetzung absolut zu reduzieren. Suffizienz als dritte Strategie der Nachhaltigkeit (neben Effizienz und Konsistenz) nimmt das Konsum- und Nutzungsverhalten von Menschen und damit die Lebens- und Wirtschaftsweise von Gesellschaften in den Blick. Es geht um die Frage, wie Menschen weniger Ressourcen verbrauchen können, indem sie ihre sozialen Praktiken (Wohnen sowie sich ernähren, fortbewegen und einkaufen etc.) verändern und welche politischen Rahmenbedingungen dieses Verhalten ermöglichen und fördern.

Elf Bürger*innenräte im Fokus

Für ihre Analyse haben die Forschenden die Ergebnisdokumente von elf Bürger*innenräten in Europa zum Klimaschutz analysiert und mit den geplanten Maßnahmen aus den entsprechenden Nationalen Energie- und Klimaplänen verglichen. Die Mitglieder der Räte werden zufällig aus der Bevölkerung ausgelost und sollen jene gut repräsentieren – zum Beispiel in Bezug auf Geschlecht, Bildungsabschluss, Alter und Wohnort. Als repräsentative Zivilgesellschaft diskutieren sie Fragen der Klima- und Energiepolitik.

Handlungsempfehlungen im Vergleich: Bürger*innenforum trifft EU-Politik

Ihre Vorschläge beinhalten mit einem Anteil von 39 Prozent deutlich mehr Suffizienz-Maßnahmen als die NECP, mit einem Anteil von acht Prozent. Für Hauptautor Jonas Lage von der Nachwuchsgruppe EnSu und Europa-Universität Flensburg ist das bemerkenswert: "Der Anteil der Suffizienz-Maßnahmen in den Empfehlungen der Bürger*innenräte liegt in allen Ländern drei- bis sechsmal so hoch wie der Anteil der Suffizienz-Maßnahmen in den jeweiligen Nationalen Energie- und Klimaplänen. Suffizienz, so scheint es, ist für die Bürger*innenräte eine naheliegende, intuitive oder schlicht unumgängliche Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels und zum Erhalt einer lebenswerten Zukunft."

Besonders häufig sind dabei regulatorische Suffizienz-Maßnahmen, wie Werbung für energieintensive Produkte einzuschränken. Die Zustimmung für Suffizienz-Maßnahmen liegt innerhalb der Räte bei über 90 Prozent, am höchsten ist die Zustimmung für die regulatorischen Maßnahmen. 
Für Dr. Benjamin Best, Senior Researcher im Forschungsbereich Strukturwandel und Innovation am Wuppertal Institut, ebenfalls Autor des Artikels und Leiter der EnSu-Nachwuchsgruppe, ist das ein entscheidender Hinweis: “Die Empfehlungen der Bürger*innenräte liefern wichtige Anstöße für die Klimapolitik. Sie zeigen, dass Suffizienz-Maßnahmen als sinnvolle Lösungen akzeptiert werden, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.“ Carina Zell-Ziegler, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Öko-Institut, ergänzt: "Vor dem Hintergrund dieser hohen Zustimmungswerte wäre es wünschenswert, wenn sich die Politik mehr damit beschäftigen würde. Beispielsweise in Frankreich wurden die Empfehlungen aufgegriffen und führten zum Verbot von Kurzstreckenflügen."

Artikel und Nachwuchsforschungsgruppe

Der Artikel "Citizens call for sufficiency and regulation – A comparison of European Citizen Assemblies and National Energy and Climate Plans" ist in Energy Research & Social Science erschienen und steht in englischer Sprache im nachfolgenden Link zur Verfügung.

Die Nachwuchsforschungsgruppe "EnSu – Die Rolle von Energie-Suffizienz in Energiewende und Gesellschaft" wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Forschung für Nachhaltige Entwicklung (FONA) mit insgesamt knapp 3,5 Millionen Euro gefördert. Sechs Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler vom Öko-Institut, dem Wuppertal Institut sowie von der Europa-Universität Flensburg (EUF) haben sich bis April 2025 zum Ziel gesetzt, gesellschaftliche Transformationsprozesse im Kontext der Energiewende für Energiesystem-Modellierung darstellbar zu machen.


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