Einnahmen aus dem CO2-Preis sozial gerecht verwenden 

Lassen sich Klimaschutzinvestitionen und sozialer Ausgleich über das Klimageld miteinander verbinden? Ein Statement von Dr. Stefan Thomas und Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick

  • Statements 19.12.2023

Es ist sinnvoll, die Mittel aus dem EU- und dem nationalen Emissionshandel zunächst vorrangig für Förderprogramme zum Klimaschutz und dafür notwendige Infrastrukturen zu verwenden: Die Ziele werden dadurch schneller erreicht, es werden mehr Energiekosten gespart und die Staatseinnahmen durch Wachstums- und Beschäftigungseffekte gestärkt.
Jedoch sollten die Förderprogramme sozial zielgerichteter sein als bisher – und vor allem bei den Gebäuden und der Mobilität auch besonders den einkommensärmeren Haushalten zugutekommen.
Sobald der CO2-Preis bei Gebäuden und im Verkehr über 50 Euro pro Tonne steigt – also voraussichtlich ab 2025 – sollte zusätzlich ein Klimageld eingeführt werden, welches zunächst einkommensärmeren Haushalten zusteht. Je höher der CO2-Preis ist, desto höher kann und sollte der Anteil der Rückerstattung für die Einnahmen sein, die über 50 Euro pro Tonne hinaus entstehen. Eine entsprechend anteilige Rückerstattung sollte es dann auch für Unternehmen geben, etwa in Abhängigkeit von Sozialversicherungsbeiträgen oder Arbeitsplätzen.

Was ist die aktuelle Beschlusslage?

Mit dem Kompromiss der Ampelkoalition vom 13. Dezember 2023 zum Bundeshaushalt 2024 wurde entschieden, den CO2-Preis im deutschen Emissionshandel in 2024 von bisher 30 auf 45 Euro pro Tonne zu erhöhen. Das ist der Preispfad, den die Große Koalition bereits 2021 vorgesehen hatte, aber es sind fünf Euro pro Tonne mehr als ursprünglich von der Bundesregierung für 2024 geplant. Auch wenn die gesamte Erhöhung bei Erdgas nur 0,4 Cent pro Kilowattstunde und bei Diesel 4,7 Cent pro Liter entspricht (und damit unterhalb der täglichen Schwankungsbreite des Dieselpreises an der Tankstelle), führte die Erhöhung erneut zu einer Diskussion über die Rückerstattung an die Bürger*innen über ein Klimageld. Laut Koalitionsvertrag von 2021 soll das Klimageld als sozialer Kompensationsmechanismus entwickelt werden. Befürworter*innen sehen es als Lösung für eine sozial-gerechter ausgestaltete Klimapolitik an, die einen wesentlichen Beitrag zur Akzeptanz der CO2-Bepreisung leisten kann.

Aber es ist fraglich, ob ein Klimageld diese Ziele vollständig erfüllen kann. Nach einer neuen Umfrage der Bertelsmann-Stiftung (2023) findet eine Rückerstattung nur an einkommensschwächere Haushalte höhere Zustimmung. Zudem stehen bei einer Rückerstattung der Erlöse über ein Klimageld die Mittel nicht mehr oder in geringerem Umfang für aktive klimapolitische Maßnahmen zur Verfügung. Als Alternative oder als Ergänzung zu höheren CO2-Preisen für die Finanzierung der Klimapolitik, wird daher richtigerweise immer wieder der Abbau von umweltschädlichen Subventionen genannt. Im Haushaltskompromiss vom 13. Dezember ist ein Einstieg in diesen Abbau enthalten, mit der Besteuerung des Flugbenzins für Inlandsflüge und der Abschaffung der speziellen Subvention für Agrardiesel und der KfZ-Steuer für landwirtschaftliche Fahrzeuge – sofern es dabei bleibt. Der Subventionsabbau hat großes Potenzial, aber die Proteste der Bäuer*innen bestätigen, dass er politisch aufgeladen ist. Weitere Maßnahmen, wie die Abschaffung des Dienstwagenprivilegs oder der Pendlerpauschale, sind von der Bundesregierung nicht aufgegriffen worden. Während das Dienstwagenprivileg primär den Besserverdienenden zugute kommt, ist die Pendlerpauschale für einen breiteren Bevölkerungskreis relevant. Ein Abbau der Entfernungspauschale, so sinnvoll er ökologisch wäre, ist daher mit Blick auf die mit ihm verbundenen Verteilungswirkungen zu betrachten, hier vor allem zwischen Stadt und Land, und dementsprechend allenfalls in Teilen sinnvoll beziehungsweise durch andere Maßnahmen zu flankieren.

Wie also können die Einnahmen aus dem CO2-Preis am besten sozial gerecht verwendet werden?

Schauen wir uns dazu erst einmal an, wie die Bundesregierung derzeit plant die Einnahmen zu verwenden. Laut einer Übersicht über die Ausgaben des Klima- und Transformationsfonds (KTF) vom vergangenen Mittwoch sind 25 Milliarden Euro für Zuschüsse in Klimaschutzinvestitionen und zusätzlich für die Entlastung von der EEG-Umlage ca. 11 Milliarden Euro pro Jahr in 2024/2025 vorgesehen. Letzteres ist mehr als die für den KTF erwarteten Einnahmen aus dem EU-Emissionshandel, die vor allem aus der Energiewirtschaft kommen. Hier besteht also faktisch schon eine Rückerstattung. Diese ist aber weder ökologisch komplett sinnvoll noch sozial ausgewogen. Ökologisch sinnvoll wäre es gewesen, die EEG-Umlage für Wärmepumpen, Elektroautos und andere neue Anwendungen von Strom abzuschaffen, aber nicht (zumindest nicht vollständig) für die herkömmlichen Anwendungen, bei denen ohne die EEG-Umlage der Anreiz zur effizienten Nutzung von Strom reduziert wird. Sozial ausgewogen ist diese Art der Rückerstattung nicht, weil mit zunehmendem Stromverbrauch die Erstattung wächst und sie nicht nur für einkommensarme Haushalte gilt.

Die Klimaschutz-Zuschüsse aus dem KTF sollen für 2024 mit etwa 25 Milliarden Euro mehr als die Summe der Einnahmen aus EU- und deutschem Emissionshandel betragen. Die Regierung hat sich also dafür entschieden, die Mittel primär für den Klimaschutz zu verwenden. Ist das sinnvoll? Nach unserer Einschätzung bei der aktuellen Höhe der CO2-Kosten und den notwendigen Investitionen in den Klimaschutz – nicht zuletzt wegen des jahrelangen Investitionsstaus – ja. Dafür sprechen zwei Gründe:

Erstens: Wenn zumindest ein guter Teil der Staatseinnahmen aus dem CO2-Preis für Klimaschutzmaßnahmen verwendet wird, können nicht nur die Energie- und Klimaziele eher erreicht werden und über Investitionen in Infrastrukturen zukünftige Minderungseffekte vorbereitet werden. Es sinken bei einem entsprechenden Verwendungsmix auch die Gesamtkosten aller Steuerzahlenden stärker und die Staatseinnahmen sind höher als bei alternativen Verwendungen.
Zweitens: Wenn der CO2-Preis mit gezielten Klimaschutzmaßnahmen gekoppelt wird, ist ein viel niedrigerer CO2-Preis nötig, um die Ziele zu erreichen.

Zum ersten Grund: Die Höhe des CO2-Preises ist nicht allein entscheidend für dessen Klimaschutzwirkung und genauso wenig für die Gesamtbelastung der Verbraucher*innen. Es kommt sehr darauf an, wie die eingenommenen Mittel verwendet werden.
Werden sie für mehr gezielte Förderung verwendet, dann können durch die hierdurch ausgelösten Investitionen, wie beispielsweise die energetische Optimierung von Gebäuden, beschleunigt und neue Technologien wie die Stahlerzeugung mit grünem Wasserstoff schneller eingeführt werden. Nur durch mehr und vor allem gezielte Investitionsanreize werden die Energie- und Klimaziele Deutschlands überhaupt erreichbar sein. Denn aufgrund zahlreicher Hemmnisse für die Marktakteur*innen ginge es ohne Förderprogramme wie bisher im Schneckentempo voran. Obwohl der CO2-Preis die Wirtschaftlichkeit der Investitionen bereits etwas verbessert, braucht es die zusätzliche Förderung, um Investitionsanreize auch wirklich auszulösen.

Richtig gestaltet können sowohl Konsumierende als auch der Staat von den Förderprogrammen profitieren:

  • Für jeden Euro, der beispielsweise in Energieeffizienzprogramme fließt, spart der/die jeweilige Empfänger*in durch die getätigte Investition über die kommenden Jahre bis zu zehn Euro an Energiekosten ein. Aufgrund der Hemmnisse würde die Investition ohne die Förderung aber oft nicht getätigt. Die Verwendung der Einnahmen aus einem CO2-Preis für Klimaschutzmaßnahmen ist für die Steuerzahlenden zunächst – das heißt. für die kostengünstigen Energieeffizienzmaßnahmen – also ökonomisch vorteilhafter als jede andere Art der Rückerstattung. Zu beachten ist dabei allerdings Folgendes: Diejenigen, die den Nutzen aus den geförderten Investitionen erhalten, zahlen mit Sicherheit auch die CO2-Preise. Jedoch werden nicht alle, die die höheren CO2-Preise zahlen müssen, kurzfristig von der Förderung profitieren können. Daher kommt es in der Ausgestaltung darauf an, dass möglichst Viele und möglichst rasch einen Nutzen aus den geförderten Klimaschutz- und Energieeffizienzmaßnahmen erhalten und dass insbesondere Maßnahmen für einkommensärmere Haushalte gefördert werden.
  • Auch der Staatshaushalt würde von der Verwendung für Klimaschutzmaßnahmen, insbesondere Energieeffizienz, voraussichtlich zusätzlich profitieren. Nachgewiesen ist dies für die KfW-Programme zur energetischen Gebäudesanierung beziehungsweise für den energieeffizienten Neubau (KfW Bankengruppe, 2012). Danach liegen die zusätzlichen Steuereinnahmen und Einsparungen des Staates in dreifacher Höhe der eingesetzten Mittel aus dem Bundeshaushalt. Außerdem sollten die vermiedenen Kosten für den Kauf von Zertifikaten für das Erreichen des EU-Lastenteilungsziels gegengerechnet werden. Mit der nationalen Politik besteht bis zum Jahr 2030 nämlich eine kumulierte Lücke von 150 bis 300 Millionen Tonnen bis 2030, so der Expertenrat für Klimafragen in seiner Stellungnahme zum Entwurf des Klimaschutzprogramms 2023. Die Kosten für den Ausgleich könnten demnach bis 2030 einen Betrag von bis zu 30 Milliarden Euro oder sogar mehr erreichen. Sofern Maßnahmen zur energetischen Sanierung von Wohnungen im sozialen Wohnungsbau und in Quartieren mit besonderem Entwicklungsbedarf realisiert werden, führt dies zudem zu einer Entlastung der Sozialausgaben bei der Übernahme der "Kosten der Unterkunft", wodurch die kommunalen Haushalte entlastet würden.

Mit dem Nutzen aus Klimaschutzprogrammen und -maßnahmen kann die Politik zusätzlich für die Akzeptanz eines steigenden CO2-Preises werben.

Zum zweiten Grund: Klimaschutz ist oft an die Erneuerung oder Neuanschaffung von Gebäuden, Produktionsanlagen, Fahrzeugen und Infrastrukturen gekoppelt. Mit einer gezielten Förderung werden diejenigen erreicht, die jetzt handeln können. Erneuerungszyklen sind üblicherweise zehn bis 20 Jahre lang, maximal 40 Jahre bei Wänden und Dächern von Gebäuden. Demnach könnten also nur fünf bis zehn Prozent der Geräte, Fahrzeuge und Anlagen und sogar nur zwei bis drei Prozent der Gebäudehüllen pro Jahr erneuert oder grundlegend renoviert werden. Diese Erneuerungszyklen gilt es gezielt anzusprechen. Es gilt daher, in jedem Jahr diese fünf bis zehn Prozent zu erreichen und die Wirtschaftlichkeit ihrer Investitionen in Klimaschutztechnologien und -maßnahmen – anstelle von Standardtechnologien – gezielt zu verbessern. Dabei sollte das Finden und Umsetzen von Investitionsmöglichkeiten mithilfe von Beratung und Coaching sowie weiteren Hilfsmitteln wie etwa One-Stop-Shops für die Gebäudesanierung unterstützt werden.

Mittel für die notwendigen Fördermaßnahmen lassen sich aus einem CO2-Preis von etwa 50 Euro pro Tonne CO2, idealerweise im Verbund mit dem Abbau umweltschädlicher Subventionen finanzieren.

Um die Wirtschaftlichkeit der Klimaschutzinvestitionen allein über den CO2-Preis zu verdoppeln, müsste er wegen der geringeren Zielsicherheit dagegen den Energiepreis ungefähr verdoppeln. Nötig wären zum Beispiel bei Heizenergie mindestens 250 Euro pro Tonne CO2. Ein so hoher CO2-Preis trifft aber unmittelbar 100 Prozent der Energienutzenden – ganz gleich, ob sie jetzt, in fünf Jahren oder in 20 Jahren oder überhaupt handeln können. Mieter*innen können zum Beispiel gar nicht in den Wärmeschutz der Gebäude investieren, sondern sind von der Investitionsbereitschaft der Vermieter*innen abhängig.

Unser Fazit lautet daher: Bis zu einem nationalen CO2-Preis von 50 Euro pro Tonne sollte die Bundesregierung die Einnahmen für Klimaschutzmaßnahmen einsetzen, aber sozial ausgewogener als bisher. Sinnvoll wären beispielsweise eine erhöhte Förderung im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude – insbesondere für die Wärmedämmung und der Heizungsumstellung in Mehrfamilienhäusern sowie für ältere Hausbesitzer*innen mit niedrigem Einkommen – oder die Förderung von noch günstigeren Deutschlandtickets für Einkommensschwächere.

Sobald der CO2-Preis bei Gebäuden und im Verkehr über 50 Euro pro Tonne steigt, sollte zusätzlich ein Klimageld zunächst für einkommensärmere Haushalte eingeführt werden. Je höher der CO2-Preis steigt, desto höher kann und sollte der Anteil der Rückerstattung für die Einnahmen sein, die über 50 Euro pro Tonne hinaus entstehen. Eine entsprechend anteilige Rückerstattung sollte es dann auch für Unternehmen geben – etwa in Abhängigkeit von Sozialversicherungsbeiträgen oder Arbeitsplätzen.

Auch der Abbau umweltschädlicher Subventionen steht weiter auf der Agenda.


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