Ausbau der Photovoltaik in deutschen Städten

Analyse des Mieterstrom-Modells mit Multi-Level-Perspektive

  • News 10.03.2021

Wer einen Blick von oben auf deutsche Städte wirft, dem wird auffallen, dass nur auf wenigen Dächern Solaranlagen zu sehen sind. Der Ausbau der Photovoltaik in urbanen Räumen bleibt bislang hinter den Erwartungen zurück. Das sogenannte Mieterstrom-Modell könnte hier Abhilfe schaffen. Dieses versorgt Mieterinnen und Mieter direkt vom Dach ihres Mietshauses mit Solarstrom und lässt sie von den gesunkenen Gestehungskosten profitieren. Einer Studie im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums zufolge könnten in Deutschland 3,8 Millionen Haushalte mit Mieterstrom versorgt werden, wenn dafür Solaranlagen auf geeigneten Mehrfamilienhäusern installiert würden. Doch die seit 2017 existierende Förderung für solche Mieterstrom-Anlagen wurde bisher kaum abgerufen.

Im Artikel "Solar Prosumers in the German Energy Transition: A Multi-Level Perspective Analysis of the German 'Mieterstrom' Model" untersuchen Raphael David Moser, Chun Xia-Bauer, Johannes Thema und Florin Vondung aus der Abteilung Energie-, Verkehrs- und Klimapolitik vom Wuppertal Institut, welche Hürden hinsichtlich des Mieterstrom-Modells bestehen und welche Faktoren zur Verbreitung beitragen. Die Ergebnisse ihrer qualitativen Dokumentenanalyse und der Befragung von Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis sowie von Verbänden zeigen, dass insbesondere der rechtliche Rahmen die Umsetzung des Modells aufwendig und teuer macht. "In den Interviews wurde mehrfach die Bundesnetzagentur genannt, die mit einer aufgeschlosseneren Haltung gegenüber Mieterstrom einen großen Beitrag zur Verbreitung des Modells leisten könnte", sagt Raphael David Moser, Mitautor des Artikels und wissenschaftliche Hilfskraft im Forschungsbereich Stadtwandel am Wuppertal Institut. Auch das Desinteresse mancher Mieterinnen und Mieter an einem Wechsel bei ihrer Stromversorgung könne ein Hindernis darstellen, gleichzeitig gebe es einige der Verbreitung zuträgliche langfristige Trends. Die voranschreitende Digitalisierung könne die Verwaltung und Abrechnung vereinfachen und das Modell damit wettbewerbsfähiger machen. Der Artikel bietet erstmalig eine umfassende Analyse des Mieterstrom-Modells anhand der Multi-Level-Perspektive mit besonderer Berücksichtigung von Hürden auf der Regime-Ebene.

Weil der Strombedarf in Städten durch die Sektorenkopplung in Zukunft steigen wird, geht damit auch die Erschließung neuer dezentraler Erzeugungspotenziale notwendigerweise einher. Zudem hat sich Deutschland durch die EU-Richtlinie für erneuerbare Energien dazu verpflichtet, die Rahmenbedingungen für gemeinschaftliche Eigenversorgung mit regenerativer Energie zu verbessern. Konkret heißt es in der Richtlinie, dass "ungerechtfertigte rechtliche Hindernisse für die Eigenversorgung mit erneuerbarer Elektrizität, auch für Mieter, beseitigt werden" müssen. Erste Schritte zur Beförderung von Mieterstrom wurden in der letzten EEG-Novelle umgesetzt. In diesem Rahmen wurde der Mieterstrom-Zuschlag erhöht, der Vergütungsanspruch innerhalb des Anlagenbetriebs durch Drittparteien – im sogenannten Lieferkettenmodell – geklärt sowie die mögliche aber noch unzureichend definierte Anlagenzusammenfassung in Quartieren umgesetzt. Inwiefern hierdurch die identifizierten Hemmnisse überwunden und das große Potenzial des Mieterstroms für die urbane Energiewende erschlossen werden können, bleibt abzuwarten.

Der Artikel "Solar Prosumers in the German Energy Transition" ist in "Energies 2021" (Volume 14, Issue 4) erschienen und im nachfolgenden Link verfügbar.


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