Top 10Publikationendes Jahres 2023

Mit dieser Auswahl seiner zehn wichtigsten wissenschaftlichen, referierten Publikationen im Jahr 2023 möchte das Wuppertal Institut einen Einblick in den Stand seiner international wahrgenommenen Forschungsarbeit vor dem Hintergrund seines transdisziplinären Forschungsansatzes geben.

Klima-, Energie- und Ressourcenwende

Lukas Hermwille, Adis Dzebo, Gabriela Ileana Iacobuta, Wolfgang Obergassel (2023). Global stocktake and the SDG midterm review as opportunities for integration.

In: Nature Climate Change 13, 1002–1004

Eine bessere Integration von Klimaschutzmaßnahmen und nachhaltiger Entwicklung kann dazu beitragen, den Ehrgeiz der nächsten national festgelegten Beiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) sowie bei der Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) zu steigern. Die Regierungen sollten dieses Jahr als Gelegenheit nutzen, um die Verbindungen zwischen Klima und nachhaltiger Entwicklung stärker zur Geltung zu bringen.
Im Jahr 2015 hat die Welt mit der Annahme des Pariser Abkommens und der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung eine ehrgeizige Klima- und Entwicklungsagenda auf den Weg gebracht. Jetzt sind beide Prozesse an wichtigen Meilensteinen angelangt, was die Bewertung der bisher erzielten Fortschritte angeht. Im Dezember 2023 schloss die Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Dubai die erste globale Bestandsaufnahme ab, ein Verfahren zur Bewertung der gemeinsamen Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele des Pariser Abkommens. Im September 2023 fand auf dem SDG-Gipfel in New York die Halbzeitüberprüfung der Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung statt. Dabei waren keine erfreulichen Überraschungen zu erwarten: Schon im Vorfeld war klar, dass die Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele des Pariser Abkommens weit hinter den Erwartungen zurückbleiben, da die national festgelegten Beiträge der Länder viel zu schwach waren, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Auch bei der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung war zur Halbzeit kein einziges Land auf dem richtigen Weg. Die Fortschritte bei den 17 SDGs sind in den letzten drei Jahren ins Stocken geraten. Bei einigen Zielen ist die Welt ins Hintertreffen geraten, was Fragen nach dem politischen Willen und nach geeigneten Optionen für einen Kurswechsel aufwirft.

Wolfgang Obergassel, Chun Xia-Bauer, Stefan Thomas (2023). Strengthening global climate governance and international cooperation for energy-efficient buildings.

In: Energy Efficiency 16, 100

Der Gebäudesektor ist einer der Hauptverursacher von Treibhausgasemissionen – und Energieeffizienz ist ein wichtiger Hebel zur Verringerung der Emissionen in diesem Sektor. Die globale Klimapolitik hat sich bisher meist auf die gesamtwirtschaftlichen Emissionen konzentriert. Maßnahmen zur Emissionsreduzierung sind jedoch letzenendes sektorbezogen und die Möglichkeiten und Hindernisse für das Erreichen von Emissionsreduzierungen unterscheiden sich je nach Sektor deutlich. In ihrem Artikel analysieren die Forschenden daher, inwieweit eine gezieltere globale Politik dazu beitragen kann, die Möglichkeiten zur Emissionsminderung zu nutzen und Hindernisse für die Energieeffizienz in Gebäuden zu überwinden. Zu diesem Zweck fassen die Autor*innen zunächst die vorhandene Literatur zu den Möglichkeiten und Hindernissen der Emissionsminderung sowie zu der Frage zusammen, wie eine globale Governance dazu beitragen kann, diese Hindernisse zu überwinden. Auf dieser Grundlage analysieren sie, inwieweit dieses Governance-Potenzial bereits durch bestehende Aktivitäten internationaler Institutionen aktiviert wurde. Schließlich erörtern sie, wie die festgestellten Governance-Lücken geschlossen werden könnten. Die Analyse zeigt, dass die globale Politik, trotz der lokalen Besonderheiten des Sektors, über eine Reihe von Hebeln verfügt, die zur Förderung von Emissionssenkungen durch Energieeffizienz eingesetzt werden könnten. In der Praxis spiegelt sich die mangelnde Aufmerksamkeit für Energieeffizienz in Gebäuden auf der nationalen Ebene allerdings auch auf internationaler Ebene wider. In jüngster Zeit haben sich jedoch eine Reihe von Koalitionen gebildet, die stärkeres Handeln fordern. Diese Vorreiter könnten mit gleichgesinnten Koalitionen zusammenarbeiten und gleichzeitig versuchen, die Bedingungen für die Zusammenarbeit im Rahmen des Klimaregimes und anderer bestehender Institutionen zu verbessern.

Ylva Kloo, Lars J. Nilsson, Ellen Palm (2024). Reaching net-zero in the chemical industry – A study of roadmaps for industrial decarbonisation.

In: Renewable and Sustainable Energy Transition 5, 100075

Im Bestreben, den Klimawandel einzudämmen, hat sich die Europäische Union das Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf Null zu reduzieren. In diesem Paper werden die Roadmaps der europäischen Chemieindustrie aus den letzten sechs Jahren bewertet und verglichen, um herauszufinden, wie sich die Industrie ihre Rolle beim Übergang zu Netto-Null-Emissionen vorstellt. Die Roadmaps werden hinsichtlich des Anspruchsniveaus, der Technologie- und Rohstoffstrategien, des Investitionsbedarfs und der Kosten, der Handlungsfähigkeit und der Abhängigkeit von anderen Akteuren sowie des Zeitplans und der Konkretisierung bewertet. Obwohl in den Roadmaps häufig Netto-Null-Pfade dargestellt werden, werden in einigen Roadmaps auch weniger ehrgeizige Pfade mit Emissionssenkungen von nur 40 bis 60 Prozent hervorgehoben und befürwortet. Die Roadmaps unterscheiden sich stark in Bezug auf die Bedeutung, die sie dem mechanischen und chemischen Recycling, der Umstellung auf biogenen Kohlenstoff sowie Kohlendioxid als Rohstoff, der Elektrifizierung und dem Wasserstoff sowie der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung beimessen. Eine Gemeinsamkeit ist jedoch, dass Low-Tech- oder kurzfristige Minderungspfade wie Nachfragereduzierung, Wiederverwendung oder Materialeffizienz nur selten enthalten sind. Im Allgemeinen wird der hohe Investitionsbedarf hervorgehoben, ebenso wie die Notwendigkeit, dass die Politik günstige Bedingungen schafft, während die Verantwortung und Handlungsmacht der chemischen Industrie selbst heruntergespielt wird. Die Analyse zeigt, dass die chemische Industrie noch keine starke, gemeinsame Vision für Wege zu Netto-Null-Emissionen hat. Die Autor*innen kommen zu dem Schluss, dass eine solche Zukunftsvision von einem Ansatz für die gesamte Wertschöpfungskette profitieren würde, der auch Optionen auf der Nachfrageseite und die Berücksichtigung von Scope-3-Emissionen umfasst.

Sascha Samadi, Andreas Fischer, Stefan Lechtenböhmer (2023). The renewables pull effect: How regional differences in renewable energy costs could influence where industrial production is located in the future.

In: Energy Research & Social Science 104, 103257

Zur Bekämpfung des Klimawandels wird erwartet, dass Länder weltweit in den kommenden Jahren strengere politische Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen und zur verstärkten Nutzung sauberer Energiequellen ergreifen werden. Diese Maßnahmen werden sich auch auf den Industriesektor auswirken, was bedeutet, dass die industrielle Produktion wahrscheinlich schrittweise von CO2-emittierenden fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energiequellen umgestellt wird. Infolgedessen könnten die regionalen erneuerbaren Energieressourcen zu einem immer wichtigeren Faktor bei der Entscheidung werden, wo energieintensive Industrien ihre Produktion ansiedeln. Die Autoren bezeichnen diesen Pull-Faktor als "Renewables Pull"-Effekt. Die Anziehungskraft der erneuerbaren Energien könnte dazu führen, dass ein Teil der industriellen Produktion aufgrund regionaler Unterschiede bei den Grenzkosten der erneuerbaren Energiequellen verlagert wird. In ihrem Paper führen die Forschenden das Konzept des "Renewables Pull" ein und erklären, warum seine Bedeutung in Zukunft wahrscheinlich zunehmen wird. Anhand der Beispiele direkt reduziertes Eisen und Ammoniakproduktion zeigen die Autoren auf, dass die zukünftigen Kosten der klimaneutralen Produktion bestimmter Produkte zwischen Regionen mit unterschiedlichen erneuerbaren Energieressourcen erheblich variieren dürften. Sie stellen jedoch auch fest, dass neben den Energiekosten noch viele weitere Faktoren die Standortentscheidungen der Unternehmen bestimmen, so dass noch Raum für weitere Forschung besteht, um die künftige Bedeutung der erneuerbaren Energien besser zu verstehen.

Sibel Raquel Ersoy, Julia Terrapon-Pfaff, Thomas Pregger, Josua Braun, El Mostafa Jamea, Ahmed Al-Salaymeh, Patrick Braunschweig, Zsuzsa Bereschi, Oana Teodora Ciobotaru, Peter Viebahn (2023). Industrial and infrastructural conditions for production and export of green hydrogen and synthetic fuels in the MENA region: insights from Jordan, Morocco, and Oman.

In: Sustainability Science 19, 222

Grüner Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe werden zunehmend als strategisches Schlüsselelement für den Fortschritt der globalen Energiewende erkannt. Die Region des Nahen Ostens und Nordafrikas (MENA) ist mit ihrem großen Wind- und Solarpotenzial gut aufgestellt, um zu geringen Kosten erneuerbare Energie für die Produktion von grünem Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen zu erzeugen und wird daher als potenzieller zukünftiger Produzent und Exporteur angesehen. Doch auch wenn das Solar- und Windenergiepotenzial von wesentlicher Bedeutung ist, dürften andere Faktoren eine ebenso wichtige Rolle für die Entwicklung der Sektoren grüner Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe spielen. Dazu gehören vor allem angemessene industrielle Kapazitäten und Infrastrukturen. Diese Voraussetzungen unterscheiden sich von Land zu Land – und obwohl sie in der Diskussion über den Export von grünem Wasserstoff häufig erwähnt werden, sind sie bisher nur in begrenztem Umfang untersucht worden. In diesem Paper werden, anhand von Fallstudien, die in Jordanien, Marokko und Oman bestehenden infrastrukturellen und industriellen Voraussetzungen für die Entwicklung eines Sektors für grünen Wasserstoff und nachgelagerte synthetische Kraftstoffe untersucht.

Jonas Lage, Johannes Thema, Carina Zell-Ziegler, Benjamin Best, Luisa Cordroch, Frauke Wiese (2023). Citizens call for sufficiency and regulation – A comparison of European citizen assemblies and National Energy and Climate Plans.

In: Energy Research & Social Science 104, 103254

Es gibt immer mehr wissenschaftliche Belege dafür, dass Suffizienz eine unumgängliche Strategie zur Eindämmung des Klimawandels ist. Trotzdem spielt Suffizienz in der bestehenden Klima- und Energiepolitik eine untergeordnete Rolle. In Anlehnung an frühere Arbeiten zu den nationalen Energie- und Klimaplänen der EU-Länder führen die Autor*innen eine ähnliche Inhaltsanalyse der Empfehlungen von Bürgerräten zur Eindämmung des Klimawandels in zehn europäischen Ländern und der EU durch und vergleichen die Ergebnisse dieser Studien. Bürgerräte sind repräsentative Mini-Öffentlichkeiten und genießen ein hohes Maß an Legitimität.
Die Forschenden haben in den Dokumenten der Bürgerräte insgesamt 860 Empfehlungen für Klimaschutzmaßnahmen identifiziert, von denen 332 (39 Prozent) Suffizienz beinhalten. Die meisten Suffizienzmaßnahmen beziehen sich auf den Mobilitätssektor, die wenigsten auf den Gebäudesektor. Ordnungspolitische Instrumente sind die am häufigsten vorgeschlagenen Mittel zum Erreichen von Suffizienz, gefolgt von steuerlichen und wirtschaftlichen Instrumenten. Die durchschnittliche Zustimmungsrate für Suffizienzmaßnahmen ist mit 93 Prozent hoch, wobei die höchste Rate für ordnungspolitische Maßnahmen gilt.
Im Vergleich zu den Nationalen Energie- und Klimaplänen enthalten die Empfehlungen der Bürgerversammlungen einen deutlich höheren Anteil an Suffizienzmaßnahmen (Faktor drei bis sechs) mit einem stärkeren Fokus auf Regulierungsmaßnahmen. Folglich können die Empfehlungen als eine Forderung nach einer Suffizienz- und einer Regulierungswende in der Klimaschutzpolitik interpretiert werden. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der beobachtete Mangel an Suffizienz in der Klimapolitik nicht auf einen Mangel an Legitimität zurückzuführen ist, sondern vielmehr eine Zurückhaltung bei der Umsetzung von Suffizienzmaßnahmen, die Verfassung des politischen Entscheidungsprozesses und konkurrierende Interessen widerspiegelt.

Maike Jansen, Tobias Meisen, Christiane Plociennik, Holger Berg, André Pomp, Waldemar Windholz (2023). Stop guessing in the dark: Identified requirements for Digital Product Passport Systems.

In: Systems 11, 123

Der digitale Produktpass (DPP) ist ein Konzept für die Sammlung und den Austausch produktbezogener Informationen während des Lebenszyklus von Produkten. DPPs sind derzeit Gegenstand intensiver Diskussionen und es werden verschiedene Entwicklungsbemühungen unternommen. Diese werden durch regulatorische Aktivitäten unterstützt, insbesondere im Fall des Batterie-Passes. Die Aggregation von Produktlebenszyklus-Daten und ihre jeweilige Nutzung sowie der Austausch dieser Daten zwischen Firmen, Unternehmer*innen und andere Akteur*innen der Wertschöpfungskette sind für die Schaffung einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft von entscheidender Bedeutung. Trotz des dringenden Bedarfs für eine solche Lösung wird der digitalen Infrastruktur für die Erstellung und Handhabung der DPPs (also dem sogenannten DPP-System) derzeit wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Zudem gibt es bisher kein gemeinsames Verständnis darüber, was die Anforderungen an ein DPP-System sind. Dies ist der Hintergrund und die zugrunde liegende Motivation der Arbeit: Die Forschenden identifizieren die Anforderungen an ein DPP-System auf strukturierte Weise, das heißt basierend auf der Einbeziehung von Stakeholder*innen und aktueller Literatur aus Wissenschaft und Industrie. Darüber hinaus werden die Ergebnisse, also die Liste der Anforderungen an DPP-Systeme, zusammengestellt, kategorisiert und kritisch analysiert, um Lücken zu identifizieren. Zusammengefasst liefert die Forschung Einblicke in die Kriterien, die bei der Erstellung eines DPP-Systems zu berücksichtigen sind.


Verbraucher*innen-Verhalten

Paul R. Schneider (2023). From elements to policies: A Shovian social practice perspective on pathways to facilitate daily E-bike commuting.

In: Transport Policy 143, 36-45

Das starke Wachstum bei E-Bikes hat das Potenzial, zur Verringerung der allgegenwärtigen Automobilität und ihrer negativen Auswirkungen auf das globale Klima, die Mobilitätsgerechtigkeit und die Lebensqualität in den Städten beizutragen. Aber was macht diese neue Mobilitätspraxis so attraktiv für neue Nutzer*innen? Und welche politischen Maßnahmen können sicherstellen, dass E-Bikes in einer Vielzahl von Situationen genutzt werden und so möglichst viele Autofahrten ersetzen – oder sogar die Zahl der Autos reduzieren? Die Studie konzentriert sich auf den Pendlerverkehr, da dieser Anwendungsfall häufig die größten Hindernisse für die Nutzung von E-Bikes im Alltag mit sich bringt (zum Beispiel Schweiß, Wetter, Transport von Kindern oder Waren). Die Analyse stützt sich in erster Linie auf Interviews mit Nutzer*innen und liefert zunächst eine ausführliche Beschreibung der Praxiselemente (Bedeutungen, Materialien und Kompetenzen), die beim Pendeln mit dem E-Bike eine Rolle spielen. Darüber hinaus werden die wichtigsten Triebkräfte und Hindernisse für das tägliche Pendeln mit dem E-Bike ermittelt, eine Reihe von Elementen aufgezeigt, die für die Überwindung dieser Hindernisse wichtig sind, und zwei konkrete politische Ansätze entwickelt, um die Substitution des Autofahrens durch das E-Bike zu fördern.

Mariam Nikravech, Nina Langen, Erica van Herpen, Sebastian Schuster, Melanie Speck (2023). Leftovers lovers vs. haters: A latent class analysis on dinner leftover management behaviours.

In: Appetite 190, 107019

Speisereste werden besonders häufig weggeworfen und sind daher ein Hauptbestandteil der Lebensmittelabfälle in Haushalten. Diese Studie bietet Einblicke in den Umgang mit Speiseresten, mit besonderem Augenmerk auf die Verwendung von Menü-Sets, die aufeinander abgestimmte Portionsgrößen und Zutatenmengen enthalten. Zudem werden Verbrauchersegmente mittels einer latenten Klassenanalyse identifiziert. Die Forschenden untersuchen, ob die Zugehörigkeit zu einem Segment mit einer positiven Einstellung zu Essensresten und einem bewussten Umgang mit Essensresten dazu führt, dass die Menge der Essensreste und die Lebensmittelverschwendung verringert wird. Außerdem zeigen die Autor*innen, dass verschiedene Ursachen der Lebensmittelverschwendung – unter anderem Emotionen, persönliche Normen, Intentionen und Routinen – die Zugehörigkeit zu einem Resteverwertungs-Segment bedingen. Zusätzlich zu diesen individuellen Unterschieden untersuchen die Forschenden auch die Rolle der Determinanten auf der Ebene der Mahlzeiten – insbesondere, welchen Einfluss Menü-Sets auf das Aufkommen von Essensresten haben, abhängig davon, welchem Segment die Verbraucher*innen angehören.
Die Ergebnisse der latenten Klassenanalyse deuten auf fünf Verbrauchersegmente hin. Die Autor*innen fanden Unterschiede in der Menge der Essensreste in den verschiedenen Klassen und entdeckten heterogene Auswirkungen von Menü-Sets. Das heißt, dass die Sets die Menge der Essensreste in zwei Segmenten verringern konnten, in den anderen Segmenten jedoch nicht. Diese Ergebnisse bieten neue Einblicke in die Heterogenität der Verbraucher*innen in Bezug auf das Auftreten, die Ursachen und die möglichen Lösungen für das Aufkommen von Essensresten und die daraus resultierende Lebensmittelverschwendung im Haushalt.

Julia Heinz, Anita Menzel, Lynn Wagner, Nina Langen, Melanie Speck (2023). Dishing up biodiversity: how does out-of-home catering affect biodiversity? Assessment methodology and implementation in commercial kitchens.

In: Ernährungs-Umschau 70, 116–24

Die biologische Vielfalt ist überall auf der Welt bedroht. Die Einführung einer nachhaltigen Außer-Haus-Verpflegung (Out-of-Home Catering, OHC) ist ein wichtiger Weg, um die Umweltauswirkungen des Agrar- und Ernährungssektors zu reduzieren. Bislang gibt es in Deutschland keine Studien, die den Einfluss von Lebensmitteln auf die biologische Vielfalt auf der Menü-Ebene zeigen. Das bedeutet, dass weder Großküchen noch ihre Kund*innen die Auswirkungen der dort servierten Menüs oder Gerichte auf die biologische Vielfalt erfassen können. Dieser Artikel beschreibt die Entwicklung eines Bewertungsrahmens und erste Ergebnisse. Der Rahmen wurde auf der Grundlage einer systematischen Literaturrecherche und von Expert*innen-Interviews entwickelt. Darauf aufbauend wurde ein indikatorbasierter Ansatz entwickelt, der sich auf die Flächennutzung konzentriert. Der Ansatz wurde dann durch die Bewertung von Rezepten, die in OHC-Einrichtungen verwendet werden, validiert. Die Ergebnisse zeigen, dass es mit dem entwickelten BiTe-Biodiversitätsindex möglich ist, die Auswirkungen von Mahlzeiten auf die biologische Vielfalt zu bewerten und sie auf der Ebene der Gerichte zu optimieren. Der Artikel skizziert die möglichen Verbesserungsbereiche. Insgesamt wird deutlich, dass dieser Ansatz bereits heute im OHC-Kontext angewendet werden kann.


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